PALIMPSETS FÜR DEN REESERPLATZ/ Entwurf zur Rekontextualisierung des 39er Denkmals am Reeserplatz in Gölz Düsseldorf Mai 2020
ERINNERUNG ENTSTEHT GEMEINSAM
Seit 2012 arbeite ich projektbezogen im Team struber_gruber mit dem Architekten Klaus Gruber. Seither haben wir zwei Gedenkstätten für Opfer des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland umgesetzt. In Wien haben wir 2013 den Wettbewerb für die 10.000 österreichischen Opfer, die in Maly Trostinec ermordet wurden, gewonnenen.
Der Leitsatz ERINNERUNG ENTSTEHT GEMEINSAM ZWISCHEN MENSCHEN, DIE HEUTE LEBEN prägt unsere Herangehensweise an die Gestaltung: Unsere Entwürfe geben der Erinnerung mit künstlerisch-architektonischen Mitteln einen Ort. Lebendig werden diese Orte durch die Menschen, die sich engagieren, die sie pflegen und nutzen. Erinnerung braucht den Austausch, weil Erinnerung nicht allein im Material wirkt, sondern ein sozialer Prozess ist, der zwischen Menschen stattfindet.
Wir geben diesen zwischenmenschlichen Aspekten des Gedenkens mit jedem unserer Entwürfe und Realisierungen Raum.
ERINNERUNGSORT ALTGLIENICKE
struber_gruber
AUFTRAGGEBER
Senatsverwaltung Berlin
ORT
Altgienicke
Berlin Treptow-Köpenick DE
VERFAHREN
Wettbewerb, Anonym, 2 stufig,
RANG
1. Preis
STATUS
Realisierung, Fertigstellung 2021
MATERIAL
Bronze, Glas, wassergebundene Decke, Begrünung
Die Urnen von über 1.360 Opfern nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen wurden ohne Nennung der Namen auf einem kleinen Bereich des Friedhofs Altglienicke beigesetzt. Um die Anonymität dieser Opfer aufzuheben, lobte der Senat Berlin einen Wettbewerb zur Neugestaltung aus, die auf Empfehlung des Preisgerichts der Arbeitsgemeinschaft struber_gruber übertragen wurde.
Lebendige Erinnerung ist die Grundlage für die Neugestaltung dieser Begräbnisstätte. Auf dem Friedhof Altglienicke wurden Menschen beerdigt, die in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau, in Tötungsanstalten im Rahmen von Patientenmorden in Hartheim, Sonnenstein, Bernburg, Grafeneck, Brandenburg und Hadamar sowie in der Haftanstalt Plötzensee ermordet wurden.
Die Namen der Opfer nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen stehen im Mittelpunkt des Beteiligungsprozesses. Am 27. Januar fanden sich 895 Personen im Rathaus Köpenick ein, um den Namen jeweils einer oder eines Toten zu schreiben.
GEDENKSTÄTTE
WALDNIEL – HOSTERT
struber_gruber
AUFTRAGGEBER
LVR Landschaftverband Rheinland
ORT
Waldniel Hostert
Nordrhein Westfahlen DE
VERFAHREN
Wettbewerb, 2 stufig,
RANG
1. Preis
STATUS
Realisierung, Fertigstellung 2018
MATERIAL
Betonfertigteile, Alugussskulpturen, Bronzeplaketten, wassergebundene Decke, Begrünung
Die Gedenkstätte Waldniel-Hostert in Nordrhein-Westfalen auf dem ehemaligen Friedhof der Pflegeanstalt erinnert an die Psychiatriepatient*innen, die während der NS-Zeit Opfer von Zwangssterilisation, Mangelernährung und »Euthanasie« wurden. Die skulpturale dunkelgraue Umfassung fällt in einem präzisen, über 30m langgezogenen Schwung zu Boden und öffnet den Weg in den Hain mit Bäumen. Dieser neu entstandene Raum wird von drei große Plastiken aus Aluguss strukturiert.
Über 700 Menschen darunter Schüler*innen, und Artbrut Künstler*innen, haben an der Gestaltung mitgewirkt.
ANAGRAMMATISCHER APPELL
struber_gruber
Künstlerische Rekontextualisierung Landhaus Innsbruck
Entwurf
AUFTRAGGEBER
Land Tirol
ORT
Neues Landhaus, Innsbruck
VERFAHREN
Wettbewerb, 2 stufig,
STATUS
Keiner der Wettbewerbsbeiträge wurde umgesetzt
MATERIAL
ENTWURF: Fahnenstangen (Aluminiumrohre Pulverbeschichtet) Betonrampe
Mit unserem Entwurf reagieren wir in der Tradition der politischen Collage mit formal veränderten vorhandenen Elementen auf das in der NS-Zeit erbaute Neue Landhaus.
Die Skulptur ist ein deutlich lesbares, klar erfassbares künstlerisches Zeichen, das mit dem Symbolkult der Nationalsozialisten bricht und die aktuellen Debatten der Repräsentationskritik aufnimmt.
Am 12. März 1938 wurden die in Innsbruck einmarschierenden deutschen Truppen von der Bevölkerung jubelnd empfangen und fanden ein mit Hakenkreuzfahnen beflaggtes Innsbruck vor. Der Fahnenkult der Nationalsozialisten ist der Ausgangspunkt für die Entwicklung unseres künstlerischen Konzepts.
Links neben dem Eingang des Neuen Landhauses wird eine Skulptur, die fünf Fahnenstangen zitiert, errichtet. Durch die plastische wie farbliche Gestaltung werden diesen ihre gewohnten repräsentativen Eigenschaften entzogen.
Für unsere Formentwicklung untersuchten wir die Ästhetik des Widerstands, die formale Sprache der Protestkultur, die Ästhetik der Sabotage und die machtbrechende Kraft des unter den Nationalsozialist*innen verbotenen Flüsterwitzes. Wir setzen auf künstlerische Mittel wie die abstrakte Formensprache, schräge Töne und die dadaistische Freiheit, die Grenzen der Wahrnehmung zu sprengen. Diese von den Nationalsozialist*innen verbotenen Komponenten setzen wir dem Repräsentationsbau entgegen.